Quo vadis, Deutschland und die Zeiterfassung?

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil muss bald liefern. Die Grundlage, der Gesetzesentwurf zur Arbeitszeiterfassung, liegt bereits auf dem Tisch. Doch wie sieht es in deutschen Unternehmen aktuell aus?

Nach einer repräsentativen Umfrage die von Arlington Research für Tisoware durchgeführt wurde, notieren bereits über 90% der KMU, also der kleinen und mittelständischen Unternehmen, in Deutschland ihre Arbeitszeit. Ein Drittel davon jedoch klassisch – also auf Papier oder mit Excel. Von einer systemischen Arbeitszeiterfassung, wie es der Gesetzesentwurf vorsieht, ist das noch weit entfernt.

Und die Frage darf gestellt werden, was wird da notiert? Nach aktueller Gesetzeslage müssen nur die Überstunden erfasst werden. Und so scheint es bei fast der Hälfte der Arbeitnehmern auch gehandhabt zu werden, denn nur 56% gaben an, überhaupt Start -und Ende der Arbeitszeit zu notieren.

Doch was ist nach dem zukünftigen Gesetzesentwurf geplant?

Zukünftig soll die gesamte Arbeitszeit, also der Arbeitsbeginn, die Pausen und das Ende der Arbeitszeit erfasst werden. Hier könnten wird jetzt enden, aber damit wäre noch nicht geklärt, was dazu alles gehört. Daher fangen wir einmal mit dem Start der Arbeitszeit an.

Der Start der Arbeitszeit definiert der Gesetzgeber mit dem Betreten des Firmengeländes. Hier zählen also auch klar die Umziehzeiten und Arbeitsvorbereitungen dazu. Eine Zeiterfassung muss daher entweder direkt am Eingang des Geländes erfolgen, oder aber den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen die Zeitspanne bis zum tatsächlichen Einstempeln pauschal zur Arbeitszeit dazurechnen. Aber wie sieht es mit dem mobilen Arbeiten – umgangssprachlich dem Home-Office – aus?  Hier zählt die Arbeitszeit nach dem Hochfahren des PCs und Anmelden an der Zeiterfassungssoftware. Moderne Zeiterfassungssysteme wie TimePunch, können diese Arbeitszeiten auch automatisch mitprotokollieren. Und wenn die Arbeitszeit flexibel um 21:00 Uhr startet und um 23:00 Uhr endet, dann muss auch hier eine Ruhepause von 11 Std. zum nächsten Arbeitsbeginn eingehalten werden. Mitarbeitende dürfen dann erst wieder am nächsten Tag um 10:00 Uhr morgens einbuchen. An dieser Regelung lässt sich auch der Arbeitnehmerschutz erkennen. Denn gerade die Erfassung dieser außergewöhnlichen Arbeitszeiten ist wichtig, um den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmenden gewährleisten zu können. Flexibilität hat eben nicht nur Vorteile.

Und wie ist es mit den Pausen? Pausen sind ebenfalls wichtig für die Gesundheit der Angestellten. Betriebe sind daher verpflichtet, ihren Arbeitnehmern die notwendigen Pausen zu ermöglichen. Sie sind sogar zur Kontrolle verpflichtet. Diese Pflicht können Sie jedoch auf die Arbeitnehmenden übertragen. Klassischerweise wird daher im Arbeitsvertrag geregelt, dass Angestellte verpflichtet sind, die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen in Anspruch zu nehmen. Daher kann die 30-minütige Ruhepause nach 6 Std., und die erweiterte Pause nach 9 Std. vom System anhand der Start -und Endzeit der Mitarbeitenden automatisch verrechnet werden. Und wie sieht mit der Toilettenpause (alias Biopause) und den Raucherpausen aus? Bei der Toilettenpause spricht der Gesetzgeber von einem Grundbedürfnis. Ein Toilettengang darf daher nicht von der Arbeitszeit in Abzug gebracht werden. Anders hingegen die Raucherpause. Betriebe dürfen Mitarbeitende dazu verpflichten, ihre Raucherpausen systemisch zu erfassen. Sie gelten als Arbeitsunterbrechung, reduzieren damit die Arbeitszeit und müssen nachgearbeitet werden. Das gilt übrigens auch für eine überlange Mittagspause. Auch hier können Betriebe ihre Angestellten zur Erfassung der Start -und Endzeit der Pause verpflichten.

Und was ist mit Betrieben, die ihren Angestellten eine Vertrauensarbeitszeit ermöglichen? Hier muss und darf die Frage gestellt sein, ob es sich tatsächlich um eine Vertrauensarbeitszeit handelt, oder nur um eine versteckte 40 Std. Woche mit der Erwartung, dass Angestellte unbezahlte Überstunden schieben „müssen“.  Eine echte Vertrauensarbeitszeit zeichnet sich dadurch aus, dass Mitarbeitende keine festen Sollstunden erbringen müssen. Und wenn keine festen Sollstunden festgelegt sind, dann können Mitarbeitende auch nicht zu wenig arbeiten. Im Umkehrschluss aber auch nicht zu viel. D.h. das klassische Gleitzeitkonto macht in Verbindung mit einer echten Vertrauensarbeitszeit keinen Sinn. Wird das dennoch von Unternehmen geführt, dann handelt es sich um keine echte Vertrauensarbeitszeit, sondern nur um einen Vorwand die Arbeitszeiten nicht korrekt erfassen zu müssen. Denn eines ist auch klar, auch mit einer echten Vertrauensarbeitszeit müssen Mitarbeitende die gesetzlichen Pausen und Ruhezeiten einhalten und dazu ist eine korrekte und systemische Zeiterfassung die Voraussetzung. TimePunch unterstützt die echte Vertrauensarbeitszeit durch ein dynamisches Arbeitszeitmodell, bei dem die Sollzeit der tatsächlichen Arbeitszeit angeglichen wird. Dadurch entstehen keine Fehlstunden und keine Überstunden, aber es wird sichergestellt, das Pausen -und Ruhezeiten eingehalten werden.

Fazit

Viele Betriebe in Deutschland wiegen sich derzeit noch in falscher Sicherheit. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung soll noch in der aktuellen Legislaturperiode auf den Weg gebracht werden. Daher sollten Betriebe jetzt schon den Einsatz planen und sich über mögliche Zeiterfassungssysteme informieren. Denn nur wenn der Einsatz gut geplant ist, ist die Akzeptanz der Mitarbeitenden auch gegeben.

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Ab August gelten neue Regeln für Arbeitsverträge

Quelle: https://unsplash.com/photos/HJckKnwCXxQ

Für neue Arbeitsverträge sind ab dem 01. August 2022 noch mehr Anforderungen zu berücksichtigen. Das erhöht den Aufwand für Neuverträge, kann aber auch bei Altverträgen zusätzliche Arbeit verursachen.

Grund ist die Umsetzung der EU-Richtlinie (2019/1152) über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen, die bis zum 01. August 2022 in nationales Recht umgesetzt sein muss. Die Bundesregierung hat dazu im März einen Gesetzesentwurf vorgelegt.

Neue Arbeitsverträge

Kern des Gesetzesentwurfs ist, dass Arbeitnehmer*innen besser und umfänglicher als bisher über ihre Rechten und Pflichten der Arbeit vor einer möglichen Anstellung informiert werden.

So müssen nach dem neuen Gesetzesentwurf ab August zusätzlich folgende Punkte im Arbeitsvertrag geregelt sein:

  • Genaue Regelung zum Arbeitsort, auch dem von mobiler Arbeit.
  • Genaue Regelung zur Arbeitszeit, z.B. Rahmenzeiten, Höchstarbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezeiten
  • Zusammensetzung des Entgelts, z.B. Stundenlohn/Gehalt, Vergütung von Überstunden, Zuschläge, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen jeweils mit Fälligkeit sowie Art der Auszahlung.
  • Bei Schichtarbeit, das Schichtsystem und Voraussetzungen für Schichtänderungen
  • Dauer der Probezeit und Kündigungsfristen

Das führt zu einem erhöhten Bürokratieaufwand, da Vorlagen für neue Arbeitsverträge umfänglich anzupassen sind. Es führt aber auch zu einer erheblichen Einschränkung des Weisungsrechts für Arbeitgeber*innen, wie es in der Gewerbeordnung (§ 106 GewO) definiert ist.

Gerade bei der Festlegung des Arbeitsorts und der Arbeitszeiten werden Betriebe sich in Zukunft genau überlegen müssen, wie der Arbeitsvertrag gestaltet sein muss.

Dies betrifft vor allem Mitarbeitende die mobil arbeiten dürfen. Zum Schutz der Arbeitnehmer*innen müssen Arbeitszeiten und Ruhezeiten, und speziell für mobile Arbeit auch die Erreichbarkeit, im Arbeitsvertrag geregelt sein.

Teilzeitverträge

Auch bei Teilzeitverträgen gibt es für Unternehmen tiefgreifende Änderungen. Bei sog. Abrufverträgen oder Null-Stunden-Verträgen, müssen die möglichen Arbeitstage, sowie die Zeitfenster, in denen Arbeitnehmer*innen aufgefordert werden können zu arbeiten und auch Mindestankündigungsfristen schriftlich im Arbeitsvertrag geregelt sein.

Und wichtig: Mündliche Arbeitsverträge sind nicht mehr zulässig. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) schätzt die Zahl der mündlichen Arbeitsverträge auf immerhin 10 Prozent in Deutschland. Dies gilt ab August auch für Kurzzeitverträge, die vorher zumeist mündlich geschlossen wurden.

Befristete Arbeitsverträge

Sind Arbeitnehmer*innen nur befristet im Unternehmen angestellt, können sie einen schriftlichen Antrag zur unbefristeten Übernahme in den Betrieb stellen. Dieser Antrag muss zukünftig vom Unternehmen nicht nur schriftlich beantwortet, sondern auch begründet werden. Dies trifft vor allem bei einer Nicht-Übernahme durch den Betrieb zu. Hier zeigt sich das Ziel der EU, Arbeitnehmer*innen verstärkt in unbefristete Arbeitsverhältnisse zu überführen.

Änderung bei Kündigungen

Auch im Fall einer Kündigung erhalten Angestellte neue Rechte. Unternehmen sind ab August verpflichtet, Kündigungen schriftlich zu begründen. Eine ordentliche Kündigung muss außerdem die Kündigungsfrist beinhalten, auf die sich der/die Arbeitgeber*in beruft.  Zudem müssen Arbeitnehmer*innen auf die Drei-Wochen-Frist zur Einreichung einer Kündigungsschutzklage nach § 4 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) hingewiesen werden.

Bestehende Arbeitsverträge

Die gute Nachricht zuerst. Für Betriebe gibt es bei Altverträgen erst einmal keine Notwendigkeit diese anzupassen. Im Gegenzug erhalten Angestellte aber die Möglichkeit eine Anpassung des bestehenden Arbeitsvertrags zu verlangen. In diesem Fall ist der Arbeitsvertrag innerhalb einer Frist von 7 Tagen durch Arbeitgeber*innen anzupassen und dem oder der Arbeitnehmer*in auszuhändigen.

Strafen bei Nicht-Einhaltung

Halten sich Unternehmen ab August nicht oder nicht vollständig an die neuen Vorschriften, wird dies im Regierungsentwurf als Ordnungswidrigkeit ausgelegt. Ordnungswidrigkeiten können mit Geldbußen von bis zu 2.000, – Euro bestraft werden. In jedem Fall also ein guter Grund, sich rechtzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen.

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